Kapitel 1
Warum Affen oft die besseren Fondsmanager sind
Wenn du deiner Bank sagst: „Ich will mein Geld investieren“, passiert meistens etwas sehr Menschliches. Du bekommst ein gutes Gefühl verkauft. Da sitzt jemand im Hemd, zeigt dir ein Tortendiagramm, streut ein paar englische Begriffe ein und plötzlich klingt „Opportunity Large Caps in Emerging Markets mit Unique Asset Management“ so, als hätte man gerade den Code zur finanziellen Freiheit gefunden. In Wahrheit ist die entscheidende Frage fast nie, welche hübschen Begriffe am Flyer stehen. Die entscheidende Frage ist: Welche Kosten zahlst du dafür, dass dein Geld dort „geparkt“ wird, und wer verdient daran, egal wie dein Ergebnis aussieht.
Als Laie hat man oft das Gefühl, Banken und Fonds hätten einen Informationsvorsprung. „Die haben ja Spezialisten“, „die wissen mehr als ich“. Das klingt logisch, ist aber in der Praxis meistens eine Illusion. Denn fast jede Information, die deine Bank hat, kannst du dir heute selbst in Minuten online holen. Der echte Unterschied liegt nicht im Wissen, sondern im System. Große Institute haben zwei Probleme, die du als Privatanleger nicht hast.
Erstens: Interessenskonflikte. Banken investieren oder empfehlen oft bevorzugt hauseigene Produkte, Partner oder das, was intern gerade verkauft werden soll. Du bekommst dann nicht zwingend das, was für dich objektiv am besten ist, sondern das, was sich am besten vermarkten lässt. Und während du glaubst, da wird in deinem Interesse gearbeitet, liegt im Foyer neben dem hübschen Springbrunnen und der frisch abgestaubten Plastik-Monstera ein Hochglanzflyer, der genau dieses Gefühl erzeugen soll. Irgendjemand bezahlt Marketing, Filiale und Provisionen. Spoiler: Du.
Zweitens: Bewegungsunfähigkeit. Ein Fondsmanager, der Millionen oder Milliarden bewegen muss, ist oft so wendig wie die Titanic beim Ausweichen vor dem Eisberg. Du dagegen sitzt als Privatanleger im Speedboot. Du kannst Positionen in Sekunden drehen, du bist nicht gezwungen, wegen Volumen und Vorschriften „irgendwie drin zu bleiben“. Diese Beweglichkeit ist ein echter Vorteil, wenn du ein sauberes System hast.
Jetzt wird’s lustig, aber leider wahr: Es gibt sogar Forschung, die sinngemäß zeigt, dass Affen an der Börse oft erfolgreicher sind als Fondsmanager. Nicht weil Affen Genies sind, sondern weil die Kostenstrukturen aktiv gemanagter Fonds so hoch sein können, dass eine zufällige Auswahl von Aktien am Ende gar nicht selten besser abschneidet als das, was nach „Profimanagement“ aussieht.
Und diese Kosten sind kein Detail, sie sind der Kern. Ein klassisches Beispiel aus der Praxis: 5 Prozent Ausgabeaufschlag, 2,5 Prozent Verwaltungsgebühr pro Jahr, 0,5 Prozent Transaktionskosten plus versteckte Kosten. Gesamtkosten von über 6 Prozent pro Jahr sind in manchen Konstruktionen performanceunabhängig möglich. Das heißt übersetzt: Selbst wenn der Markt steigt, kann es sein, dass bei dir kaum etwas ankommt, weil die Gebühren zuerst bedient werden.
Jetzt kommt der Teil, der weh tut, aber wichtig ist. Ich habe mir damals den Spaß gemacht, drei Fonds von großen Banken zu nehmen und ihre 3-Jahres-Performance mit dem DAX zu vergleichen. Den Namen habe ich bewusst weggelassen, weil ich keine Lust auf Anwaltspost hatte. Also nenne ich sie Fonds 1 bis 3. Der DAX machte im Zeitraum etwa 27,5 Prozent. Fonds 1: 15,56 Prozent. Fonds 2: 21,52 Prozent. Fonds 3: minus 7,47 Prozent.
Und weil du jetzt wahrscheinlich denkst „ja gut, das waren halt drei Fonds“, habe ich noch ein Experiment draufgelegt. Google: „bester Fonds momentan“. Erster Eintrag. Dort tauchte eine Liste von 65 Fonds auf und keiner kam auch nur annähernd an diese 27 Prozent in drei Jahren heran. Wirklich keiner.
Das führt zu einem Gedanken, der mir bis heute nicht aus dem Kopf geht: In Deutschland gibt es laut meinem damaligen Stand rund 13 Millionen Anleger, etwa 10 Millionen setzen auf Fonds, nur 3 Millionen wählen Einzelaktien. Und dabei liegt die einfache Alternative so nahe, dass es fast schon frech ist. Ein ETF ist ein passiv gemanagter Aktienkorb, der einmal aufgelegt wird und dann nicht dauernd „umgebaut“ wird. Deshalb sind die Kosten oft sehr niedrig, 0,5 Prozent pro Jahr, und du kannst damit Indizes oder Branchen sehr breit abbilden.
Heißt das, du sollst jetzt blind ETFs kaufen und fertig? Nein. Es heißt nur: Wenn du schon breit investieren willst, brauchst du dafür nicht zwingend teure, aktiv gemanagte Strukturen. Und wenn du Einzelaktien kaufen willst, dann brauchst du keine Bank, die für dich „magisch“ entscheidet. Du brauchst ein System, das dir hilft, nicht den Preis mit dem Wert zu verwechseln.
Genau hier beginnt der Fairvalue Calculator. Sobald du dir angewöhnt hast, zuerst zu fragen „Was ist das Unternehmen ungefähr wert?“ statt „Was macht der Kurs heute?“, wird aus Zockerei ein Prozess. Du triffst Entscheidungen nicht mehr, weil jemand überzeugend spricht oder weil der Chart gerade sexy aussieht, sondern weil du eine nachvollziehbare Logik hast. Und ja, wenn du das sauber machst, stehen die Chancen nicht schlecht, dass dein Bankberater irgendwann „blöd aus der Wäsche schaut“, wie man in Österreich so schön sagt.
In den nächsten Kapiteln zeige ich dir, wie du Fair Value praktisch denkst, wie du Risiken reduzierst und wie du dir mit den Tools auf fairvalue-calculator.com den Großteil der Arbeit automatisieren lässt. Und bevor du fragst: Nein, du musst kein Profi sein. Du musst nur bereit sein, dein Geld so zu behandeln, als wäre es wichtig.